Gut aufgestellt für Elektromobilität und Nachhaltigkeit, aber niedrige Produktions-
volumen und Inflation belasten Profitabilität und Konzernergebnis

Sehr geehrte Aktionärinnen, sehr geehrte Aktionäre

Die aktuellen geopolitischen Entwicklungen haben den Geschäftsgang im ersten Halbjahr 2022 erheblich belastet. Sie gehen einher mit einer beschleunigten Inflation und deutlichen Preissteigerungen auf den Rohstoffmärkten, die sich durch den Ukraine-Krieg weiter verschärft haben. Die Markterholung in der Automobilindustrie verzögert sich infolge dieser Entwicklungen. Autoneum unternimmt alles, um die Auswirkungen auf die Gruppe so gering wie möglich zu halten. Trotz der aktuellen Herausforderungen wird die Strategie weiterhin konsequent umgesetzt, dies mit Fokus auf innovative und nachhaltige Technologien für wachsende Zukunftsmärkte.

Umsatzentwicklung geprägt durch Ukraine-Krieg und Engpässe in den Lieferketten

Die weltweite Automobilproduktion ging im ersten Halbjahr 2022 im Vergleich zur Vorjahresperiode um 1.8%* zurück. Der Umsatz von Autoneum in Lokalwährungen stieg dagegen um 0.5%, unterstützt durch inflationsbedingte Preiserhöhungen. In Schweizer Franken erreichte der Umsatz mit 888.7 Mio. CHF in etwa das Vorjahresniveau (Vorjahresperiode: 890.3 Mio. CHF). Seit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine wirkten sich neue Engpässe in den globalen Lieferketten, vor allem durch fehlende Kabelbäume, auf die Produktionsvolumen der Fahrzeughersteller aus und bremsten damit die Umsatz- und Ergebnisentwicklung der Automobilzulieferindustrie im ersten Halbjahr 2022, insbesondere in Europa. Zudem war der Umsatz in Asien aufgrund der coronabedingten Lockdowns im zweiten Quartal in China rückläufig. Dahingegen konnte die Business Group SAMEA (Südamerika, Mittlerer Osten und Afrika) ihren Umsatz deutlich steigern.

tiefe Produktionsvolumen und hohe Inflation belasten Profitabilität

Auf Konzernstufe erzielte Autoneum ein positives operatives Ergebnis (EBIT) von 6.4 Mio. CHF (Vorjahresperiode: 44.7 Mio. CHF) trotz dem herausfordernden Umfeld. Der Rückgang der EBIT-Marge von 5.0% auf 0.7% gegenüber der Vorjahresperiode ist zum einen auf die global stark gestiegenen Material-, Energie- und Transportkosten zurückzuführen, die sich infolge der Sanktionen gegen Russland weiter erhöht haben und durch Kundenbeiträge nur zeitverzögert kompensiert werden können. Zum anderen wurde das Ergebnis durch einen ungünstigen Mixeffekt in der Umsatzentwicklung der Regionen belastet: Reduzierte Produktionsvolumen führten insbesondere in den generell margenstarken Regionen Asien und Europa zu deutlichen Umsatz- und Ergebniseinbussen, die durch das sehr gute Ergebnis in der Region SAMEA nicht ausgeglichen werden konnten. Der anhaltende Halbleitermangel führte zu einer Stop-and-Go-Produktion bei Fahrzeugherstellern, welche die Steuerung der Produktionskapazitäten bei Autoneum erschwerte. In Nordamerika war es angesichts des angespannten Arbeitsmarktes kaum möglich, die Produktion zu flexibilisieren. Der Ergebnisrückgang wurde auch von zwei Einmaleffekten beeinflusst: einem negativen Sondereffekt in Höhe von 5.6 Mio. CHF, verursacht durch einen in Schieflage geratenen Zulieferer in den USA, sowie einem positiven Sondereffekt in der Vorjahresperiode in Höhe von 4.8 Mio. CHF in Europa, der im ersten Halbjahr 2022 wegfiel. Das Konzernergebnis reduzierte sich um 38.3 Mio. CHF auf –12.8 Mio. CHF (Vorjahresperiode: 25.5 Mio. CHF).

Solider Free CashFlow ermöglicht weitere Reduzierung der Nettoverschuldung

Es ist dem Unternehmen gelungen, einen soliden Free Cashflow von 45.2 Mio. CHF zu generieren,  trotz den anspruchsvollen Rahmenbedingungen. Dank des positiven Free Cashflows konnte die Nettoverschuldung exklusive Leasingverbindlichkeiten um weitere 17.5 Mio. CHF auf 233.9 Mio. CHF (31. Dezember 2021: 251.4 Mio. CHF) reduziert werden. Mit 28.8% blieb die Eigenkapitalquote im Vergleich zum Jahresende 2021 auf einem nahezu unveränderten Niveau (31. Dezember 2021: 30.0%).

Business Groups

Der Umsatz der Business Group Europe war am stärksten von den Folgen des Krieges in der Ukraine betroffen und verzeichnete den grössten Rückgang. Aufgrund von Engpässen in der Lieferkette, verursacht durch den Mangel an Spezialkomponenten wie beispielsweise Kabelbäumen, welche in der Ukraine produziert werden, kam es in Europa zu häufigen Produktionsausfällen und ‑kürzungen bei Fahrzeugherstellern. In Lokalwährungen sank der Umsatz der Business Group Europe um 6.7% und entwickelte sich, unter Berücksichtigung inflationsbedingter Preiserhöhungen, mit dem Markt. In Schweizer Franken verringerte sich der Umsatz auf 315.8 Mio. CHF (Vorjahresperiode: 354.8 Mio. CHF). Das EBIT sank auf 1.0 Mio. CHF (Vorjahresperiode: 26.6 Mio. CHF) und die EBIT-Marge reduzierte sich von 7.5% auf 0.3%. Hauptursachen waren die niedrigen und volatilen Produktionsvolumen der Fahrzeughersteller, welche die Steuerung der Produktionskapazitäten von Autoneum erschwerten, und eine seitens der Kunden noch nicht vollständig kompensierte Inflation. Ebenso entfielen die im ersten Halbjahr des Vorjahres wirksamen positiven Einmaleffekte in der Höhe von 4.8 Mio. CHF.

Die Business Group North America steigerte den Umsatz in Lokalwährungen um 4.0% und entwickelte sich damit leicht unter dem regionalen Markt, der insgesamt um 4.7%* zulegte. In Schweizer Franken nahm der Umsatz um 27.0 Mio. CHF auf 383.0 Mio. CHF (Vorjahresperiode: 356.0 Mio. CHF) zu. Das EBIT reduzierte sich um 11.6 Mio. CHF auf –21.6 Mio. CHF (Vorjahresperiode:
–10.0 Mio. CHF) und die EBIT-Marge um 2.8 Prozentpunkte auf –5.6% (Vorjahresperiode: –2.8%). Verursacht wurde dieser Rückgang einerseits durch die zunehmende Inflation bei den Rohstoff-, Energie- und Frachtkosten und andererseits durch einen einmaligen negativen Sondereffekt in der Höhe von 5.6 Mio. CHF infolge eines in Not geratenen Zulieferers. Zudem erschwerte die Stop-and-Go-Produktion infolge des anhaltenden Halbleitermangels einhergehend mit einem konjunkturbedingt angespannten Arbeitsmarkt die Umsetzung von Flexibilisierungsmassnahmen.

Die Business Group Asia erreichte ein positives EBIT von 12.7 Mio. CHF (Vorjahresperiode: 16.1 Mio. CHF), trotz eines Umsatzrückganges, der ausschliesslich auf die COVID-bedingten Lockdowns und die daraus resultierenden Produktionsausfälle im zweiten Quartal im Hauptmarkt China zurückzuführen ist. Der Umsatz in Schweizer Franken betrug 131.6 Mio. CHF (Vorjahresperiode: 134.1 Mio. CHF). Die EBIT-Marge reduzierte sich um 2.3 Prozentpunkte auf 9.6% (Vorjahresperiode: 12.0%) infolge geringerer Umsätze und steigender Inflation.

Der Umsatz der Business Group SAMEA wuchs im ersten Halbjahr 2022 hyperinflationsbereinigt in Lokalwährungen um 49.4%, unterstützt durch den Hochlauf neuer Programme in Südamerika. Aufgrund der anhaltend hohen Abwertung verschiedener Lokalwährungen stieg der Umsatz in Schweizer Franken um 14.4 Mio. CHF auf 58.8 Mio. CHF (+32.4%). Auch die Märkte dieser Region waren von der Inflation bei den Rohstoff-, Energie- und Frachtkosten betroffen, wobei hier eine Preispolitik vorherrscht, welche Inflations- und Währungsausgleich vorsieht. Dank weiterer operativer Verbesserungen konnte die Business Group SAMEA mit einem positiven EBIT von 9.8 Mio. CHF (Vorjahresperiode: 6.4 Mio. CHF) und einer EBIT-Marge von 16.6% (Vorjahrperiode: 14.5%) eines ihrer bisher besten Ergebnisse erzielen.

Gut aufgestellt für Elektromobilität und Nachhaltigkeit

Autoneum ist für die Transformation der Automobilindustrie hin zu E-Mobilität und Nachhaltigkeit sehr gut aufgestellt. Das Produktportfolio eignet sich für alle Antriebsarten, ob Verbrenner-, Hybrid- oder reine Elektrofahrzeuge, und wird kontinuierlich an neue Kunden- und Marktbedürfnisse angepasst. Bereits heute beliefert das Unternehmen viele der weltweit verfügbaren Elektromodelle mit Komponenten, die durch ihr geringes Gewicht eine höhere Fahrreichweite ermöglichen und gleichzeitig die Geräuschentwicklung positiv beeinflussen.

Die Gruppe rechnet zukünftig mit einem überproportionalen Wachstum im stark expandierenden Segment der Elektromobilität. Auf Basis der Auftragseingänge wird Autoneums Umsatzanteil mit reinen Elektrofahrzeugen ab 2023 den Anteil dieser Fahrzeugkategorie am Gesamtmarkt übertreffen.

Die steigende Nachfrage der Kunden nach umweltfreundlichen «Autoneum Pure.»-Technologien bestätigt den von Autoneum schon früh eingeschlagenen Kurs in Richtung einer nachhaltigen Mobilität und unterstreicht, dass Autoneum mit seinem Produktportfolio insbesondere für den Zukunftsmarkt der Elektromobilität sehr gut positioniert ist.

Erweiterung des Produktportfolios für Elektrofahrzeuge

Steigende Anforderungen an eine nachhaltige Mobilität führen zu einer verstärkten Kundennachfrage nach faserbasierten, rezyklierbaren Produkten. Dieser Trend ist vorteilhaft für Autoneum, da nachhaltige Technologien und Produkte, die gleichzeitig akustische und thermische Anforderungen erfüllen, zu den Kernkompetenzen des Unternehmens gehören. So hat Autoneum im ersten Halbjahr 2022 einen Schwerpunkt auf den Ausbau und die weitere Stärkung der Marktposition seiner besonders umweltfreundlichen textilen «Autoneum Pure.»-Technologien gelegt, die sich für alle Antriebsarten eignen.

Darüber hinaus hat das Unternehmen die steigende Nachfrage nach lärmreduzierenden, leichten Komponenten sowohl im Front- als auch im Heckbereich von E-Autos frühzeitig erkannt und seine bewährten Konzepte für schalldämmende Motorkapselungen auf neue Anwendungen rund um den Elektroantrieb erweitert.

Mit Hybrid-Acoustics PET, Hybrid-Acoustics FLEX und Fit FLEX bietet Autoneum nun drei standardisierte Technologien an, die Lärm direkt an der Quelle reduzieren und damit den Fahrkomfort erheblich verbessern. Alle drei Technologien werden abfallfrei produziert. Ihre Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Grössen und Formen ermöglicht ein breites Spektrum von Anwendungen in Elektrofahrzeugen: von E-Motor-Kapselungen bis hin zur Reduzierung von Lärm und Vibration von Wechselrichtern, Getrieben, Pumpen und Kompressoren. Das Angebot verschiedener Varianten erlaubt es Autoneum, flexibel auf individuelle Kundenbedürfnisse und ‑präferenzen in Bezug auf Materialkomposition, Akustikkonzept, Nachhaltigkeit und Kosten einzugehen.

Autoneum tritt der «Science Based Targets»-Initiative bei

Nachdem Autoneum im letzten Jahr seine Umweltziele mit einem Zeithorizont bis 2027 und mit quantifizierbaren Zielen für alle direkten und indirekten Treibhausgasemissionen erweitert hatte, unterzeichnete das Unternehmen kürzlich die Erklärung zum Beitritt zur «Science Based Targets»-Initiative (SBTi). Autoneum erkennt den dringenden Handlungsbedarf und wird gemäss den SBTi-Vorgaben ehrgeizige, wissenschaftlich fundierte Ziele zur kurzfristigen Reduktion der CO2-Emissionen vorlegen. In seinem im Juni 2022 veröffentlichen Corporate Responsibility Report 2021 berichtet das Unternehmen über seine ambitionierten Ziele im Bereich Umwelt, Soziales und Governance sowie über die wesentlichen quantitativen wie qualitativen Fortschritte. Ausserdem berichtet das Unternehmen erstmals vollständig über seine Scope-3-Emissionen. Autoneum sieht seine Aufgabe, die Nachhaltigkeit voranzutreiben, als langfristige Verpflichtung für die Zukunft und wird entsprechende Massnahmen auch in herausfordernden Zeiten fortlaufend umsetzen.

Ausblick

Gemäss den globalen Marktprognosen* wird die Automobilproduktion in der zweiten Jahreshälfte mit 8.8% Wachstum gegenüber dem ersten Halbjahr 2022 wieder zulegen. Für das Gesamtjahr 2022 wird eine weltweite Automobilproduktion von 80.8 Millionen Fahrzeugen erwartet, was einem Anstieg von 4.7% gegenüber 2021 entspricht. Für die zweite Jahreshälfte rechnet Autoneum damit, das operative Ergebnis zu verbessern. Dies wird unterstützt durch die laufenden Kundenverhandlungen im Hinblick auf eine faire Kostenverteilung, der einhergehenden Beteiligung der Fahrzeughersteller an den stark gestiegenen Material-, Energie- und Frachtkosten und der sich abzeichnenden Normalisierung der Produktion infolge der gelockerten Lockdowns in China. Auf dieser Basis erwartet Autoneum für das Gesamtjahr 2022 substanzielle Ergebnissteigerungen und eine Verbesserung der EBIT-Marge auf 2.0% bis 3.0%. Der Free Cashflow für das Jahr 2022 wird voraussichtlich im mittleren bis hohen zweistelligen Millionenbereich liegen.

Winterthur, 26. Juli 2022

Aktio
närs
brief

Hans-Peter Schwald

Präsident des Verwaltungsrats

Matthias Holzammer

Chief Executive Officer

  1. *Quelle: «IHS Light Vehicle Production Forecast» – 15. Juli 2022